YouTube-Diskussion um Artikel 13: Nur reine Panikmache?

Seit einigen Tagen herrscht Panik unter den YouTubern. Artikel 13 der neuen EU-Urheberrechtsreform könnte der YouTube-Chefin Susan Wojcicki zufolge dafür sorgen, dass Millionen Menschen bald schon keine Inhalte mehr auf Plattformen wie YouTube hochladen können. Wir erklären euch, weshalb es sich dabei um eine Überspitzung handelt, und welche Auswirkungen die neue EU-Richtlinie wirklich haben wird.

Am 22. Oktober veröffentlichte die YouTube-Chefin Susan Wojcicki einen Blogpost, in dem sie unter anderem auch auf den Artikel 13 der geplanten EU-Urheberrechtsreform zu sprechen kam. Für den Fall, dass dieser wirklich in Kraft treten sollte, malte sie ein schwarzes Bild: Kommendes Jahr werde es YouTube dann nicht mehr in der bekannten Form geben. Es seien tausende Jobs bedroht und zukünftig könne man dann nur noch YouTube-Kanäle großer Unternehmen auf der Plattform erlauben.

Article 13 as written threatens to shut down the ability of millions of people — from creators like you to everyday users — to upload content to platforms like YouTube

Wojcicki wollte den YouTubern mit dieser Ansprache die Relevanz des Artikel 13 verdeutlichen. Unter dem Hashtag #SaveYourInternet sollten sie Videos zum Thema veröffentlichen und ihre eigene Community darauf aufmerksam machen.

Der Umgang der YouTuber mit Artikel 13

Zunächst einmal blieb es jedoch ruhig. Erst mit einem Video des YouTube-Kanals Wissenswert kam die Kampagne in Fahrt. Nachdem der Clip mit dem Namen „Warum es Youtube nächstes Jahr nicht mehr gibt“ am 2. November veröffentlicht wurde, sprangen plötzlich auch viele weitere YouTuber auf den Zug auf und verbreiteten in ihren Communities erst einmal vor allem eines: Reine Panik. In Videos mit Titeln wie „Mein Kanal wird GELÖSCHT“ wurde die Thematik völlig überspitzt dargestellt – auch, um möglichst viele Klicks zu erhalten.

Erst in einer zweiten Welle wurden dann Videos zu Artikel 13 veröffentlicht, in denen die Thematik objektiv behandelt wurde. MrWissen2go, WALULIS oder aber auch RobBubble klärten ihre Communities in den eigenen Videos umfassend auf und beleuchteten das Thema von beiden Seiten.

Alles Wichtige zu Artikel 13

Das möchten auch wir tun. Daher gibt es hier nun alle wichtigen Fakten, die ihr als YouTuber oder aber auch YouTube-Zuschauer zu Artikel 13 der anstehenden EU-Urheberrechtsreform wissen müsst:

  • Artikel 13 der geplanten EU-Urheberrechtsreform soll Plattform-Betreiber für Urheberrechtsverletzungen ihrer Nutzer haftbar machen. So sollen die Schöpfer kreativer Werke effektiver vor deren unrechtmäßigen und unvergüteten Verwendung geschützt werden.
  • Momentan stehen zwei Entwürfe zur Ausgestaltung der EU-Urheberrechtsreform zur Debatte. Einig sind sich EU-Parlament und -Rat darin, dass Plattformbetreiber zukünftig bestmögliche Anstrengungen unternehmen müssen, um Urheberrechtsverletzungen ihrer Nutzer zu verhindern. Doch nicht jegliche Nutzung von urheberrechtlich geschütztem Material soll verboten werden. Zur Veranschaulichung von Gedankengut oder aber zum Beispiel zur Parodie wird die Verwendung vermutlich weiterhin erlaubt bleiben.
  • Nachdem über die verschiedenen Entwürfe der EU-Urheberrechtsreform beraten wurde, wird im EU-Parlament 2019 dann noch einmal über einen finalen Gesetzesentwurf abgestimmt. Die dann vermutlich beschlossene EU-Richtlinie muss daraufhin noch in nationales Recht umgesetzt werden. Bis die Richtlinie in Form eines Gesetzes in Deutschland in Kraft tritt, kann somit noch einige Zeit vergehen.

Die Konsequenzen von Artikel 13 für YouTube

Doch was heißt das nun genau für YouTube? Das hängt natürlich noch von der finalen Ausgestaltung der EU-Richtlinie ab. Ganz so schlimm, wie sie Susan Wojcicki und einige YouTuber malen, wird die Zukunft um YouTube aber auch mit dem Artikel 13 nicht werden:

  • Mit dem Content ID-System könnte YouTube relativ problemlos Videos vor dem Upload auf die Verwendung von urheberrechtlich geschütztem Material überprüfen. Notwendig wäre hierfür allerdings, dass Rechteinhaber die Informationen über ihre Urheberrechte digital bereitstellen.
  • Sollte urheberrechtlich geschütztes Material in einem Video enthalten sein, dürfte dieses nicht in dieser Form bei YouTube veröffentlicht werden. Urheberrechtsverstöße umfassen beispielsweise die Verwendung von Ausschnitten aus Filmen, Musikstücken oder aber auch das Zeigen von urheberrechtlich geschützten Bildern.
  • Solch eine automatische Überprüfung hätte als Vorteil, dass YouTube sehr wohl weiterhin eine offene Plattform für jedermann bleiben könnte. Niemand muss daher zum aktuellen Stand befürchten, dass der eigene YouTube-Kanal in absehbarer Zeit gelöscht wird.
  • In Gefahr sind lediglich Videos, an denen sehr viele Personen Urheberrechte geltend machen können. YouTube nennt hier als Beispiel den Song Despacito, bei dem einige Urheber dem Unternehmen weiterhin unbekannt sind. Sollte in solchen Fällen keine Lösung möglich sein, könnten sie für den europäischen Raum gesperrt werden.
  • YouTube könnte in Zukunft allerdings weitere Lizenzverträge mit Verlagen abschließen, die es den YouTubern erlauben, gewisses urheberrechtlich geschütztes Material zu verwenden. Denkbar wären hier zum Beispiel Vereinbarungen mit Musiklabels, wie sie Facebook für Facebook Watch, die Instagram Stories und Co. bereits abgeschlossen hat.

Auf YouTube kommt mit dem Artikel 13 der EU-Urheberrechtsreform somit vor allem viel Aufwand zu, der auch mit höheren Ausgaben verbunden sein wird. Kein Wunder also, dass CEO Susan Wojcicki versucht, über die YouTuber und deren Videos Druck auf die Politik auszuüben.

Die YouTuber handeln aber auch nicht ganz uneigennützig. Denn mit Artikel 13 würden Urheberrechtsverstöße auf YouTube zukünftig noch schneller geahndet werden bzw. der Upload verschiedener Videos gar nicht mehr möglich sein. Einige Kanäle, die sich primär bei den Inhalten anderer bedienen, könnten dadurch in ihrer Existenz bedroht sein. Sie müssten dann vermutlich eine inhaltliche Neuausrichtung vornehmen. Eine Zensur oder gar eine Löschung vieler YouTube-Kanäle wird es allerdings nicht geben.

Möchtet ihr euch trotzdem noch gegen Artikel 13 stark machen, findet ihr hier eine Petition von „Save the Internet“ gegen die kommende EU-Richtlinie. Weitere Informationen zum Thema gibt es außerdem hier direkt von der deutschen Vertretung der europäischen Kommision auf Facebook oder oben im Video von MrWissen2go. Außerdem findet ihr hier noch das aktuelle Statement von YouTube-CEO Susan Wojcicki zu Artikel 13.

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